Der “neue Archivar”, den Gilles Deleuze in Foucault sieht, hat seiner Meinung nach etwas “grundlegend Neues” geschaffen. Er vollzieht einen diagonalen Schnitt durch das Archiv, durch die Sprachfamilien, die vorhandenen Sprachordnungen, einen Schnitt, der sich zwischen Wissenschaft, Alltagssätzen und schizophrenem “Nonsens” bewegt. Die*der neue Archivar*in will beweglich sein und kümmert sich nicht mehr um die Aneinanderreihung von Sätzen, um die Tastatur der Maschine, um mögliche Interpretationen aus Präpositionen und Schichtungen. Sie/er will weder “über die*den anderen sprechen” noch der Dialektik des Widerspruchs oder der Hierarchie der Abstraktion folgen, da diese Formalisierungen es nicht erlauben, das Mögliche vom Realen zu unterscheiden. Sie*er sagt, so Deleuze, „dass sie*er von nun an nur noch Aussagen in Betracht ziehen wird”, denn „die Aussage ist nicht virtuell – in ihr manifestiert sich eine Realität mit ihren Auslassungen und Lücken.“

Im Möglichkeitsraum habe ich Kurator*innen und Kulturproduzent*innen eingeladen, sich in die Rolle einer*eines “neuen Archivar*in” zu versetzen und ihre Arbeit mit Film- und Videoarchiven als “Screen-Performance” zu inszenieren, um Perspektiven auf die Medialität, die Geschichte der Filmbilder zu gewinnen, die die Erinnerungspolitik in unseren heutigen Gesellschaften prägt. Im Möglichkeitsraum verschränken sich Kino, Theaterbühne und Versammlungsraum. Er ist ein theatralisches Archiv, ein erweiterter Schneideraum mit Doppelprojektion, mit Bildmischern, Tonmischern, Archivdatenträgern und einer Bühne. Jede Sitzung wird speziell für die Möglichkeiten eines bestimmten Archivs ausgearbeitet.

In diesem Screening zeigen wir ein Programm aus dem Möglichkeitsraum 2: The Life of an Archive mit Stefanie Schulte Strathaus, Arsenal – Institut für Film und Videokunst, Berlin.