Experimentalfilm Workshop
Das European Media Art Festival Osnabrück (EMAF) hat seinen Ursprung in einem Workshop für Experimentalfilme im Fachbereich Medienwissenschaften an der Universität Osnabrück. Daraus resultierte 1981 ein Filmtreffen: der so genannte „Experimentalfilm Workshop“, und die Gründung des gleichnamigen Vereins, der bis heute Träger des EMAF ist. Im Jahr 1988 bot sich anlässlich des von der EU ausgerufenen „Film- und Fernsehjahres“ die Chance, das Festival auf eine neue Basis zu stellen. Das Team von Studierenden stellte dafür ein neues Konzept auf die Beine – unter dem Titel „European Media Art Festival“.
Das EMAF wuchs an seinen Aufgaben: Eine der größten Herausforderungen war sicher das Projekt „Ponton“ im Jahr 1988, mit dem während des Festivals ein temporärer TV-Sender etabliert wurde. Im Gegensatz zum heutigen Internet-Zeitalter, in dem jede Veranstaltung per Livestream verfügbar sein kann, waren damit damals immense Schwierigkeiten verbunden – schließlich war die Übertragung von Bildern per TV und Telefon noch sehr stark reglementiert. Seitdem versteht sich das EMAF als Festival, das sich in erster Linie mit Experimenten in der visuellen Kunst beschäftigt. Der Präsentation von Videoinstallationen öffnete das EMAF schon sehr früh einen weiten Raum. Rückblickend war die Integration des bewegten Bildes in installative Arbeiten eine der wichtigsten Entwicklungen in der Kunst der späten Achtziger und frühen Neunziger Jahre.
Nahezu parallel verbanden sich im Populärbereich Video und Musik zum Videoclip. Es entstanden neue TV-Formate; gleichzeitig wurde die Clubkultur entscheidend verändert. Der wichtigste Begriff aus den Neunziger Jahren ist im Bereich der Medienkunst sicher die „Interaktivität“. Ihre technischen Möglichkeiten faszinierten seinerzeit Künstler und Publikum. In den späten Neunziger Jahren kamen Arbeiten im und über das Internet hinzu und - früher als im Bereich der Wirtschaft – loteten die Künstler dessen Möglichkeiten aus. Sie hofften, damit neue künstlerische Freiräume jenseits des etablierten Kulturbetriebes zu finden und über die Vernetzung neue soziale Räume und politische Einwirkungsmöglichkeiten zu erkunden. Hier setzten dann KünstlerInnen wie „Übermorgen“ an, die mit ihren schrägen Projekten tief in den digitalen Dschungel eindrangen und mit ihren Projekten wie „Google Will Eat Itself!“ oder „Amazon Noir – The Big Book Crime“ die großen Player im Internet selbst zum Gegenstand der künstlerischen Arbeit machten.
Filmretrospektiven bedeutender internationaler Künstler*innen wie Shelly Silver, Michael Snow, Peter Greenaway, Fernando Birri, Al Razutis und David Rimmer prägen seit Beginn des Festivals die Programme. Seit seinen Anfängen hat das Festival neben klassischen Kinoprogrammen multimediale Performances gezeigt. Dazu zählen die Hardcore-Underground-Performance „Superman meets Wonderwoman“ oder De La Guarda’s „Flying Circus Perioda Villa Villa“ und Eric Hobein mit seiner Feuer-Performance der „Danteorgel“, die der Großzügigkeit der Feuerwehr in Sachen Brandschutz Einiges abverlangte. Um die Jahrtausendwende herum dokumentierte das EMAF gemeinsam mit dem NDR auf europäischen VeeJay-Events die frühen Entwicklungen der clubbasierten AV-Kultur.
Wichtiges Element des EMAF bleibt die Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück - einer gotischen, ehemaligen Kirche. Über einen Zeitraum von vier Wochen zeigt die Schau Installationen, die mit Film, Video und digital skulpturale, teils interaktive und raumgreifende Arbeiten von renommierten, internationalen Künstlern wie auch des medienkünstlerischen Nachwuchses präsentiert. Ein umfangreiches Kooperationsprojekt verschiedener Ausstellungshäuser beleuchtete 2009 unter dem Titel „Bilderschlachten“ Nachrichten aus dem Krieg. Anlass war das zweitausendjährige Gedenken an die Schlacht am Teutoburger Wald.
Heute zählt das EMAF in Osnabrück zu den bedeutendsten Foren der internationalen Medienkunst. Als Treffpunkt für Künstler*innen, Kurator*innen, Verleiher*innen, Galerist*innen und Fachpublikum prägt es die Thematik, Ästhetik und Zukunft der medialen Kunst seit mehr als dreißig Jahren entscheidend mit – mit Themen wie „Final Cut“, „Irony“ oder „Report – Notes from Reality“. Die Aktivitäten des EMAF gehen über die Kernveranstaltung hinaus – durch die Zusammenarbeit mit zahlreichen Kinos und Museen sowie mit den Goethe-Instituten im Ausland. Dazu gehören Film-Tourneen, die bislang quer durch Deutschland, ins europäische Ausland, aber auch nach Australien, Brasilien, China, Japan, Libanon, Mexiko, Neuseeland, Russland und in die USA führten.
Darüber hinaus war das EMAF Mitglied im Projekt „Digitising Contemporary Art“ (DCA), einem Europäischen Netzwerk, in dem 27 europäische Institutionen aus 16 Ländern zusammen gearbeitet haben, um Arbeiten aus ihren Archiven einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. In den transnationalen Projekten „Transit“ und „Passages“, die das EMAF initiierte, kooperierten zahlreiche europäische Akademien und Festivals für gemeinsame Ausstellungen und Filmprogramme. Nach wie vor ist das EMAF Teil des Projektes „mediaartbase.de“ – einem Online-Archiv für Medienkunstarbeiten.
Archiv
- № 35 The Thing is 2022
- № 34 Possessed 2021
- № 33 First Person Plural 2020
- № 32 Wild Grammar 2019
- № 31 Report – Notizen aus der Wirklichkeit 2018
- № 30 Push – Leben in Zeiten der Hyperinformationen 2017
- № 29 The Future of Visions – Don’t Expect Anything 2016
- № 28 Irony 2015
- № 27 We, the Enemy – Leben unter Verdacht 2014
- № 26 Mapping 2013
- № 25 25 Jahre EMAF 2012
- № 24 This is Media Art 2011
- № 23 Mash Up 2010
- № 22 The Future Lasts Longer than the Past 2009
- № 21 Identity 2008
- № 20 20 Years of Being Confused 2007
- № 19 Smart Art 2006
- № 18 Document 2005
- № 17 Transmitter 2004
- № 16 Larger Than Life 2003
- № 15 New Images – New Stories; Art in Modern Media 2002
- № 14 EMAF 2001 2001
- № 13 EMAF 2000 2000
- № 12 EMAF 1999 1999
- № 11 EMAF 1998 1998
- № 10 EMAF 1997 1997
- № 09 EMAF 1996 1996
- № 08 EMAF 1995 1995
- № 07 EMAF 1994 1994
- № 06 EMAF 1993 1993
- № 05 EMAF 1992 1992
- № 04 EMAF 1991 1991
- № 03 EMAF 1990 1990
- № 02 EMAF 1989 1989
- № 01 EMAF 1988 1988